Anfang der neunziger Jahre gab es Pläne der Bundesregierung, inhaltliche Prüfungsfragen aus dem Gebiet Homöopathie in den sogenannten Gegenstandskatalog für das Studienfach Humanmedizin aufzunehmen. Die bundeseinheitlichen schriftlichen Prüfungen nach der Approbationsordnung für Ärzte werden vom IMPP (Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen) auf der Grundlage dieses Gegenstandskatalogs inhaltlich zusammengestellt. Dies führte zur sogenannten Marburger Erklärung, einem Beschluss des Marburger Fachbereichsrates vom 2.12.1992.
Die folgenden Zitate stammen aus dieser Erklärung.
„Der Fachbereich Humanmedizin der Philipps-Universität Marburg verwirft die Homöopathie als eine Irrlehre. Nur als solche kann sie Gegenstand der Lehre sein. In diesem Sinne reicht das Lehrangebot in Marburg aus. Wir sehen jedoch die Gefahr, dass man von uns „Neutralität“ und „Ausgewogenheit“ in diesem Stoffgebiet fordern wird, und sind nicht bereit, unseren dem logischen Denken verpflichteten Standpunkt aufzugeben zugunsten der Unvernunft.
Das geistige Fundament der Homöopathie besteht jedoch aus Irrtümern („Ähnlichkeitsregel“; „Arzneimittelbild“; „Potenzieren durch Verdünnen“). Ihr Konzept ist es, diese Irrtümer als Wahrheit auszugeben. Ihr Wirkprinzip ist Täuschung des Patienten, verstärkt durch Selbsttäuschung des Behandlers.
Wir leugnen nicht, dass sich mit „Homöopathie“ mitunter therapeutische Wirkungen erzielen lassen, wobei es sich um sogenannte Placebo-Effekte handelt.
Nun könnte man einwenden: was scheren uns Wirkprinzip und geistiges Fundament, wo es doch allein auf den Effekt ankommt. Nach dieser Logik müssten unsere Medizinstudenten auch in folgenden Gegenständen unterrichtet und geprüft werden: Irisdiagnostik; Reinkarnationstherapie; astrologische Gesundheitsberatung (Bedeutung der Sternzeichen für die Neigung zu bestimmten Krankheiten). Mit all diesen Methoden, deren Wirkprinzip die Täuschung ist, lassen sich nicht nur therapeutische Effekte, sondern auch beträchtliche Umsätze erzielen. Mit den geistigen Grundlagen der Philipps-Universität Marburg sind diese Methoden ebenso wenig vereinbar, wie es die „Homöopathie“ ist.
Wenn unsere Universität sich dazu zwingen ließe, den Lehrgegenstand „Homöopathie“ in neutralem Sinne anzubieten, würde sie ihren Auftrag verraten und ihre geistige Grundlage zerstören. Eine neutrale Ausbildung in „Homöopathie“ findet deshalb nicht statt und ist auch nicht einklagbar.“
Das Deutsche Ärzteblatt hat 1993 darüber berichtet.
Homöopathie-Kritiker haben Ende Januar 2016 in Freiburg ein „Informationsnetzwerk Homöopathie“ ins Leben gerufen.
Derzeit umfasst die Initiative rund 40 Mediziner, Apotheker, Wissenschaftler aller Disziplinen, Journalisten, Blogger und andere Interessierte. Gemeinsam wollen sie Aktionen entwickeln und Informationen für die Öffentlichkeit aufbereiten. Das Ziel ist, die therapeutische Unwirksamkeit homöopathischer Präparate ins allgemeine Bewusstsein zu bringen.
In einer Freiburger Erklärung zur Homöopathie haben die Initiatoren ihren Standpunkt formuliert. Daraus stammen die folgenden Zitate:
„Trotz der Förderung durch die Politik und des Schweigens derer, die es besser wissen müssten, ist und bleibt die Homöopathie ein Verfahren, das im klaren Widerspruch zu gesicherten wissenschaftlichen Grundlagen steht. Die Mitglieder und Förderer des „Informationsnetzwerks Homöopathie“ sehen in der Homöopathie eine sich hartnäckig haltende Glaubenslehre, die weder als Naturheilkunde noch als Medizin anzusehen ist.
In den über 200 Jahren ihrer Existenz hat es die Homöopathie nicht geschafft, ihre spezifische Wirksamkeit nach objektiven Kriterien zu belegen. Sie überlebt vielmehr nur, weil ihr im deutschen Gesundheitssystem ein Sonderstatus zukommt, der ihr nach Ansicht der Experten des Netzwerks nicht zusteht. Während Medikamente ihre Wirksamkeit nach objektiven Kriterien nachweisen müssen, ist die Homöopathie davon befreit. Gegen ein solches Zweiklassensystem in der Medizin wehren wir uns.
Die Homöopathie hat es auch nicht geschafft, einen plausiblen Wirkmechanismus darzulegen. Stattdessen erwecken ihre Vertreter den Eindruck, es gäbe noch Unsicherheiten, die zu klären wären. Dem widersprechen wir vehement.
Wir möchten therapeutische Wirkungen, die im Rahmen einer homöopathischen Behandlung zustande kommen können, nicht in Abrede stellen. Diese haben allerdings nichts mit dem spezifisch verabreichten Homöopathikum zu tun. Vielmehr beruht die vermutete und vermeintlich erfahrene Wirksamkeit homöopathischer Präparate auf Suggestion und Autosuggestion der Patienten und Therapeuten.
Wir fordern die Akteure des wissenschaftlich begründeten Gesundheitswesens auf, sich endlich von der Homöopathie und anderen pseudomedizinischen Verfahren abzuwenden und zurückzukehren zu dem, was selbstverständlich sein sollte: Wissenschaftlich validierte, faire und allgemein nachvollziehbare Regeln für eine hochwertige Medizin, ausgerichtet am Wohlergehen der Patienten.“
Die folgenden Zitate stammen aus der Arbeit von Ute Parsch:
Studie kratzt am Mythos der kostengünstigen Homöopathie
Skeptiker 2016; 1: 32 - 33
(Zeitschrift der GWUP, Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V.)
„Von Vertretern der Homöopathie wird immer wieder das Argument vorgebracht, dass ihre Behandlungen deutlich günstiger seien als medizinische Therapien – und deren Einbindung in das Gesundheitswesen deshalb zu einer Kostenreduktion führen würde. Eine aktuelle sehr große Studie [1] zeichnet nun ein ganz anderes Bild.
Die Studie verglich anhand von 44.550 anonymisierten Kundendaten der Techniker Krankenkasse die anfallenden Kosten von Kunden, die einen Selektivvertrag für homöopathische Zusatzleistungen gewählt hatten, mit denen normal Versicherter. Und im Ergebnis lagen die Kosten, die durch die Selektivverträge entstanden, in der gesamten Studiendauer über denen der normal Versicherten. Dies galt sowohl insgesamt, als auch für jede einzelne der betrachteten sechs Diagnosekategorien.
Beim betrachteten Tarif handelt es sich um einen der vom Deutschen Zentralverein Homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) mit vielen Krankenkassen abgeschlossenen sogenannten „Selektivvertrag Klassische Homöopathie“. Der Tarif ist für den Patienten kostenlos, teilnehmende Ärzte erhalten eine Pauschale.
In der Studie bilden die „Homöopathiegruppe“ alle Kunden der Techniker Krankenkasse, die im Jahr 2011 einen solchen Selektivvertrag abgeschossen und für den gesamten Beobachtungszeitraum bei der TK versichert waren.
Im Ergebnis lagen die Gesamtkosten in der Gruppe mit den Selektivverträgen nach 18 Monaten statistisch signifikant höher (im Mittel bei 7207 €) als in der Vergleichsgruppe (5857 €), wobei die Studie hier auch den Arbeitsausfall mit einberechnet: Die Versicherten dieser „Homöopathiegruppe“ hatten mehr Krankentage (18,77) als die der Vergleichsgruppe (15,97), verursacht vor allem durch die Versicherten, die wegen Depressionen behandelt wurden.
Erhöht waren die Kosten aber bei allen Diagnosen. Sie entstanden auch durch eine statistisch signifikante höhere Anzahl von ambulanten Behandlungen, sowohl beim homöopathischen Vertragsarzt als auch den anderen Ärzten, durch längere Aufenthaltszeiten im Krankenaus, sowie durch höhere Arzneimittelkosten. Auffällig ist ein drastischer Anstieg der Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) unmittelbar im ersten Quartal nach Unterzeichnung des Selektivvertrages.
Ähneln sich bis zum Eintritt in den Selektivvertrag beide Gruppen in den verursachenden Kosten sehr, so schnellen die Kosten der Homöopathiegruppe unmittelbar nach der Vertragsunterzeichnung nach oben (GKV-Kosten 718 € statt 498 €). Laut den Autoren resultiert diese erhebliche Differenz im Wesentlichen aus den Kosten für die erste homöopathische Beratung.“
Die Ludwig-Maximilians-Universität in München bietet im Wintersemester 2016/17 eine Ringvorlesung zur Homöopathie an.
Werner Bartens veröffentlichte in der Süddeutschen Zeitung vom 11.11.2016 zur LMU-Ringvorlesung unter der Überschrift Homöopathie: Wissenschaftliche Seriosität maximal verdünnt einen Kommentar. Daraus die folgenden Zitate:
„Wir wissen, dass mehr als 70 Prozent der Bevölkerung komplementären Behandlungsmethoden wie der Homöopathie aufgeschlossen gegenüberstehen. Und wir wissen, welch hohes Ansehen die Universitäten Deutschlands trotz mancher Skandale noch immer genießen.
Aus diesen Gründen ist es eben nicht egal, wenn am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität in München in diesem Wintersemester eine Ringvorlesung stattfindet, die Homöopathie – von der Theorie zur Praxis genannt wird.
Organisiert vom Haunerschen Kinderspital, dürfen Homöopathen an 15 Terminen Werbung für ihre Behandlungsmethode machen. Es handelt sich fast ausschließlich um niedergelassene Geschäftsleute mit eigener Privatpraxis…..
Die Universität ist ein öffentlich geförderter Raum für offene und anspruchsvolle Debatten. Was die Universität nicht sein darf, ist eine Werbeplattform für die Anbieter eines ebenso skurrilen wie lukrativen Verfahrens, das mit Wissenschaft nichts zu tun hat.
Bei Laien drängt sich der Eindruck auf: Wenn es an der Uni stattfindet, muss etwas dran sein. Jede bessere Volkshochschule versucht inzwischen, ihre Programme mit empirisch fundierten Inhalten zu füllen. Die Universität hat da versagt. Ihre wissenschaftliche Seriosität ist in dieser Sache so weit verdünnt, dass sie nicht mehr nachweisbar ist.“
Unter der Überschrift Achtung Globuli berichtet die Süddeutsche Zeitung am 22.11.2016 zum Thema USA regeln die Homöopathie strenger wie folgt:
Die in den USA für Verbraucherschutz zuständige Wettbewerbsbehörde FTC (Federal Trade Commission) hat strengere Richtlinien für den Verkauf homöopathischer Produkte eingeführt. Sofern diese als rezeptfreie Medikamente verkauft werden, müssen die Produkte künftig strengere Wirksamkeits- und Sicherheitsprozesse durchlaufen – oder einen Warnhinweis tragen. “Unternehmen müssen kompetente und zuverlässige wissenschaftliche Belege vorweisen, wenn sie damit werben wollen, dass ein Produkt zur Behandlung einer bestimmten Krankheit geeignet ist“, heißt es in der Erklärung der FTC.
Der Behörde zufolge erfüllt die Mehrheit der aktuell in den USA verkauften homöopathischen Mittel die FRC-Richtlinien nicht und führt somit die Verbraucher gezielt in die Irre. Um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden, müssen Hersteller nun entweder beweisen, dass ihr Produkt tatsächlich wirkt oder Hinweise auf ihre Verpackung drucken. Dort muss künftig womöglich betont werden, dass wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit des Produkts fehlen. „Generell basieren die Versprechungen homöopathischer Produkte nicht auf modernen wissenschaftlichen Methoden und werden von modernen Medizinfachleuten nicht akzeptiert“, schreibt die Behörde.
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
Homöopathische Arzneimittel unterliegen nicht denselben gesetzlichen Anforderungen wie die übrigen Arzneimittel (AMG, § 38). So müssen die meisten homöopathischen Stoffe nicht zugelassen, sondern registriert werden. Diese Registrierung erfolgt durch das BfArM.
Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz - AMG)
§ 38 Registrierung homöopathischer Arzneimittel
(1) Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 sind, dürfen als homöopathische Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie in ein bei der zuständigen Bundesoberbehörde zu führendes Register für homöopathische Arzneimittel eingetragen sind (Registrierung).
(2) Einer Zulassung bedarf es nicht; § 21 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.
(3) Einer Registrierung bedarf es nicht für Arzneimittel, die von einem pharmazeutischen Unternehmer in Mengen bis zu 1.000 Packungen in einem Jahr in den Verkehr gebracht werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel.