Deutsches Reanimationsregister der DGAI – Qualität

Man kann den Eindruck gewinnen,
dass die Daten des Deutschen Reanimationsregisters
sehr widersprüchlich sind und nur partiell publiziert wurden.

Im Juni und September 2018 wurde an dieser Stelle über das Deutsche Reanimationsregister der DGAI berichtet, die außerklinische und innerklinische Reanimation betreffend.

Das Besondere an diesen Berichten war die Tatsache, dass die entscheidenden Daten nicht veröffentlicht wurden, also top secret im Namen der DGAI.

Hier die – nicht erwähnten – Fakten und Gefahren für die Patienten als Beispiele:

  • Hat ein Patient mit Herzstillstand draußen das Pech, nach Reanimation in ein Krankenhaus zu gelangen, das zu weit entfernt liegt und/oder in dem er nicht optimal versorgt wird, weil diese Fälle dort zu selten sind, dann beträgt seine Chance, lebend entlassen zu werden, im Mittel 6,1 %, aber mit einem Minimum von 2 % und Maximum von 22 %. Warum werden diese Zahlen seit 2016 nicht mehr veröffentlicht, weil sie die Unterschiede vor Ort erschreckend deutlich beschreiben?
  • Die Chance nach einer Reanimation noch 1 Jahr zu überleben, beträgt nach den offiziellen Zahlen noch 0,1 % im Jahr 2014, warum werden die Daten nach 2014 zurückgehalten?
  • Im Jahr 2016 kommen 37,6 % mit einem Spontankreislauf, also lebend, im Krankenhaus an, 24 Stunden später sind dies nur noch 23,1 %, und lebend entlassen werden dann nur noch 12 % der Patienten. Das sind Mittelwerte, wie sieht es mit den Unterschieden zwischen den „guten“ und den „schlechten“ Krankenhäusern aus und was passiert innerhalb der Kliniken?
  • Aktuell werden im September 2018 die Zahlen von 2017 für die innerklinische Reanimation publiziert, also was passiert, wenn der Herzstillstand innerhalb des Krankenhauses passiert: Das „24 h Überleben“, das „30 Tage Überleben“ und die „Entlassung aus dem Krankenhaus“ werden laut Publikation zwar erfasst, aber – wieder ohne Begründung – nicht veröffentlicht?

Diese Fragen werden von der DGAI nicht beantwortet, auch wenn die vier Professoren des Engeren Präsidiums der DGAI im November 2018 dazu eingeladen wurden  (Namen auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, eingesehen am 08.11.2018).

Nun ist wieder eine Publikation der DGAI zur Außerklinischen Reanimationen erschienen (s.u. Fischer et al. A&I 2018; 59: 679 - 682), jetzt als eine Übersicht der Jahre 2014 bis 2017.

Diese Publikation ziert eine kleine aber besondere Anmerkung:
"Das Deutsche Reanimationsregister ist eine Online-Datenbank mit laufend wachsender Anzahl an Datensätzen. Aufgrund unterschiedlicher Auswertezeitpunkte können die genannten Zahlen zu bereits veröffentlichten Berichten leicht abweichen."

Einspruch: Die nun veröffentlichten Zahlen zeigen teilweise ganz grobe Abweichungen zu bisher veröffentlichten Zahlen (jeweils Gesamtdaten), wie die beiden Abbildungen zeigen.

Fragen zu Abbildung 1:

  1. Für das Jahr 2016 wurden Patientenzahlen zwischen 3.061 und 12.084 publiziert und die Anzahl der Rettungsdienste zwischen 93 und 167, sind das leichte Abweichungen?
    Für das Jahr 2017 wurde die Anzahl der Rettungsdienste zwischen 104 und 128 publiziert, auch hier nur leichte Abweichungen?
  2. Wurden die Daten für die aktuelle Übersicht der Jahre 2014 bis 2017 „reduziert“ bzw. „bereinigt“ und wenn ja, warum?

Fragen zu Abbildung 2:

  1. Warum wurden die Daten zur prozentualen Laienreanimation für die Jahre 2016 von ursprünglich 40,8 auf 36,1 % und für 2017 von 40,6 auf 38,0 % gesenkt?
  2. Warum findet sich in der aktuellen Übersicht für den Vergleich von 2017 zu 2016 keine Angabe zur – extrem problematischen – Tatsache, dass parallel zur Steigerung der Laienreanimation von 36,1 auf 38,0 %, die Zahl der primär überlebenden Patienten mit Spontankreislauf bei KH-Aufnahme von 36,4 auf 34,5 % fällt, ein Trend, der seit 2014 anhält?
  3. Ist es keine Erwähnung wert, dass beim Vergleich von 2017 zu 2016 die Laienreanimationen um 1,9 % zu- und zeitgleich die Überlebenden bei KH-Aufnahme um 1,9 % abgenommen haben?
  4. Wo bleibt die Anmerkung, dass zwischen der Zunahme der Laienreanimation um 272 Fälle (1,9 % von 14.314 Patienten) und dem Verlust von Überlebenden bei KH-Aufnahme von 272 Patienten (1,9 %) lediglich eine Korrelation, nicht aber eine Kausalität besteht?
  5. Sind das nur „geringe Veränderungen in den Überlebensraten“, wenn 2017 im Vergleich zu 2016 immerhin 272 Menschen das Krankenhaus nicht lebend erreichen?

Fazit

Man kann den Eindruck gewinnen, dass die Daten des Deutschen Reanimationsregisters der DGAI sehr widersprüchlich sind und nur partiell publiziert wurden.

Ausblick

Gibt es eine Möglichkeit zur Verbesserung dieser Situation?

Ja die gibt es: Da alle hier besprochen Publikationen aus der A&I stammen, kann man dem Gesamtschriftleiter der „Anästh Intensivmed“ nur dringend raten,

  • frühere Publikationen der DGAI zum Deutschen Reanimationsregister unter Hinweis auf die aktuelle Übersicht der Jahre 2014 bis 2017 zurückzuziehen, und
  • die unter „DGAInfo“ publizierten Daten – wie andere Beiträge auch – von kritischen Gutachtern prüfen zu lassen.

Auf diese Weise könnte der „kleine Stolperstein“, des in 2018 nach unter abgerutschten Impact Faktors, möglicherweise gestoppt werden (A&I in eigener Sache, Dezember 2018).

Literatur

Seewald S, Wnent J, Fischer M, Bohn A, Messelken M, Jantzen T,  Gräsner J-T, Studiengruppe Deutsches Reanimationsregister:
Langzeitentwicklung der Laienreanimation in Deutschland – Daten aus dem Deutschen Reanimationsregister (Abstract WATN 2015-24)
Anästh Intensivmed 2015; 56: S53

Gräsner J-T, Wnent J, Seewald S, Brenner S, Jantzen T,  Fischer M, Jakisch B,  Bohn A und die teilnehmenden Rettungsdienste im Deutschen Reanimationsregister:
Jahresbericht Außerklinische Reanimation 2016 des Deutschen Reanimationsregisters
Anästh Intensivmed 2017; 58: 365 - 366

Wnent J, Gräsner J-T, Seewald S, Brenner S, Jantzen T,  Fischer M, Jakisch B,  Bohn A und die teilnehmenden Rettungsdienste im Deutschen Reanimationsregister:
Jahresbericht Außerklinische Reanimation 2017 des Deutsche Reanimationsregister
Anästh Intensivmed 2018; 59: 355 - 357

Fischer M, Seewald S, Gräsner J-T, Jakisch B, Bohn A, Jantzen T, Brenner S, Bein B, Wnent J und die teilnehmenden Rettungsdienste im Deutschen Reanimationsregister:
Außerklinische Reanimationen im Deutschen Reanimationsregister – eine Übersicht der Jahre 2014 bis 2017
Anästh Intensivmed 2018; 59: 679 - 682

Fußnote

Am Tag der Veröffentlichung in Physioklin (18.12.2018) wurde den vier Professoren des engeren Präsidiums der DGAI – wie zuvor schon im November 2018 –angeboten, einen Kommentar an dieser Stelle – nach Absprache – veröffentlichen zu lassen.