Zweiter Meinungsaustausch zum Thema Dabigatran (Pradaxa®)

Interessenkonflikt

Stellungnahme Physioklin

Zum Thema Dabigatran (Pradaxa®) wurde hier am 04.11.2014 ein erster Meinungsaustausch „Monitoring oder nicht“ publiziert. Dort hatte die Fa. Boehringer Ingelheim viele Neurologen und Kardiologen als Experten zitiert, allerdings ohne deren Interessenkonflikte zu benennen. Dies soll nun – abschließend – mit einem zweiten Meinungsaustausch erfolgen, weil „Boehringer Ingelheim bei der Entwicklung und Vermarktung von Pradaxa® stets transparent war und ist“.

In dem Beitrag der Fa. Boehringer Ingelheim vom 03.11.2014 werden zwei aktuelle Stellungnahmen von Fachgesellschaften angeführt und verlinkt, nämlich die

  • Gemeinsame Presseinformation der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN)
  • Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK) zur öffentlichen Diskussion um die neuen oralen Antikoagulanzien (NOAKs).

Ad 1: Amtierender Präsident der DSG und zugleich 3. Vorsitzender der DGN ist Prof. Dr. Martin Grond und der Pressesprecher der DGN ist Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Past-Präsident der DGN. Beide Funktionsträger deklarieren ihre Interessenkonflikte Boehringer Ingelheim betreffend in der S3 Leitlinie Sekundärprophylaxe des ischämischen Insults (Stand: September 2012). Bei dieser Leitlinie deklarieren in der entscheidenden „AG Orale Antikoagulation bei Vorhofflimmern“ 5 der 6 Autoren einen Interessenkonflikt Boehringer Ingelheim betreffend, also mit 83 % deutlich über den maximal zulässigen 50 % (Handlungsrichtlinien der DGN von 2014).

Ad 2: In der Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – im Namen der DGK – geben 4 der 5 Autoren einen Interessenkonflikt zu Boehringer Ingelheim an, nicht etwa in der Zeitschrift selbst, bei Springer-Zeitschriften eigentlich üblich, sondern bei der DGK und dort schwer zu finden: „Den Interessenkonflikt der Autoren finden Sie online auf der DGK-Homepage unter leitlinien.dgk.org bei der entsprechen­den Publikation“. So auch für den Präsidenten der DGK, Prof. Dr. C.W. Hamm.

Wenn die Präsidenten von DGK und DSG sowie der Pressesprecher der DGN gemeinsam mit gut 80 % der von Boehringer Ingelheim angeführten Experten einen Interessenkonflikt angeben, resultieren daraus drei Fragen an die Fa. Boehringer Ingelheim:

  1. Wäre es nicht sinnvoll, bei den Interessenkonflikten nach den Regeln der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) zu verfahren: Die AkdÄ bezieht in ihre Bewertungen von Arzneimitteln nur Mitglieder ein, die keine Interessenkonflikte in den letzten 3 Jahren in Bezug auf das zu bewertende Arzneimittel ... aufweisen.
  2. Ist es nicht gerade bei den Neurologen (DGN) verständlich, dass knapp 10 % der deutschen Neurologen in einem Aufruf „Neurology First“ u.a. die Forderung erheben: Wer Interessenkonflikte hat, kann nicht Autor einer Leitlinie sein.“
  3. Ist es im Sinne der von der Fa. Boehringer Ingelheim geforderten Transparenz, wenn die Interessenkonflikte der Kardiologen einschließlich ihres Präsidenten nicht offen in der Zeitschrift der DGK-Stellungnahme sondern „nur“ auf der DGK-Homepage zu finden sind?

Stellungnahme Fa. Boehringer Ingelheim

19.01.2015 

Gerne beantworten wir Ihre Fragen:

Das positive Nutzen-Risiko-Profil von Pradaxa®, so wie es die DGN und die DGK in ihren Stellungnahmen darlegen, ist von verschiedenen Gesundheitsbehörden bestätigt worden. Hinzu kommen zahlreiche Studien und Daten aus dem Behandlungsalltag, die die Wirksamkeit und Sicherheit von Pradaxa® ebenfalls dokumentieren:

Die Wirksamkeit und das positive Sicherheitsprofil von Pradaxa® wurden im Rahmen einer der größten klinischen Studien zur Schlaganfallprävention nachgewiesen, die jemals bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern durchgeführt wurde. Sie umfasste über 18.000 Patienten in 44 Ländern. Es handelt sich hierbei um die Zulassungsstudie RE-LY®. Danach waren bei einer Pradaxa®-Dosierung von 150 mg die Raten schwerer Blutungen vergleichbar mit Warfarin, bei einer Dosierung von 110 mg traten signifikant weniger schwere Blutungen als unter Warfarin auf.

Die Ergebnisse dieser Studie werden zudem durch umfassende Daten aus dem Behandlungsalltag gestützt: Die US-Gesundheitsbehörde FDA hat Ende Oktober 2014 erneut die Wirksamkeit und Sicherheit von Pradaxa® bei bestimmungsgemäßer Anwendung bestätigt. Basis ist eine Analyse der Daten von mehr als 134.000 älteren Patienten (> 65 Jahre). Dabei wurde der Einsatz von Pradaxa® mit dem Warfarin im klinischen Behandlungsalltag in den USA verglichen (67 207 Pradaxa®- vs. 66 793 Warfarin-Patienten). Die Ergebnisse zeigen: Das Herzinfarkt-Risiko war bei beiden Präparaten vergleichbar. Analog zu den Ergebnissen der RE-LY®-Studie zeigte die Auswertung, dass sowohl die Rate an ischämischen Schlaganfällen (Hirninfarkten) sowie die Rate an Hirnblutungen als auch die Mortalitätsrate bei neu eingestellten Patienten unter Pradaxa® geringer waren als unter der Therapie mit Warfarin, mit einem höheren Risiko für schwere Magen-Darm-Blutungen unter Pradaxa® als unter Warfarin.
Anbei der Link zur Vollpublikation der von der US-Gesundheitsbehörde FDA durchgeführten Analyse, die am 30.10.2014 in der internationalen Fachzeitschrift Circulation veröffentlicht wurde. Quelle: Graham et al. (2014) Circulation: OI_10.1161_CIRCULATIONAHA.114.012061 http://circ.ahajournals.org/content/early/2014/10/30/CIRCULATIONAHA.114.012061.abstract

Auf Grundlage einer routinemäßig durchgeführten, umfassenden Wirksamkeits- und Sicherheitsbeurteilung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) aus 2013 wurde die Verlängerung der Marktzulassung für Pradaxa® empfohlen, um für die Patienten einen dauerhaften Nutzen sicherzustellen.
Hier der Link zur Beurteilung der EMA: http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/human/medicines/000829/human_med_000981.jsp&murl=menus/medicines/medicines.jsp&mid=WC0b01ac058001d125

Bei der Gelegenheit auch der Hinweis auf zwei weitere real-world Analysen mit insgesamt 60.000 US Patienten, die auf dem AHA 2014 präsentiert wurden.

Eine dieser Analysen wurde durch das Brigham and Women’s Hospital unter Verwendung der Datenbanken kommerzieller US-Krankenversicherer durchgeführt; die zweite Analyse erfolgte durch das Walter Reed National Military Medical Center und basiert auf der Datenbank der Militär-Krankenversicherung des US-Verteidigungsministeriums. Beide Analysen kommen u.a. zu dem Schluss, dass die Behandlung mit Pradaxa die Rate schwerer Blutungen im Vergleich zu Warfarin signifikant senkte. Hier die Links:
http://www.abstractsonline.com/pp8/#!/3547/presentation/41579
http://www.abstractsonline.com/pp8/#!/3547/presentation/37812