(Ausgabe 01/2012)
Für alle denkbaren Bereiche der Hämotherapie wird ein neues Citrat-haltiges Mittel zur Gerinnungs-Hemmung (Antikoagulans) vorgestellt, erstmals ein echtes Iso-Citrat, das unter Verwendung von Arginin-Citrat anstelle von Natrium-Citrat die Zusammensetzung des menschlichen Plasmas weitestgehend simulieren kann: Isotonie (Osmolalität 288 ± 10 mosmol/kg H2O), Isonatriämie (Natrium 142 ± 10 mmol/l), Isokaliämie (Kalium 4,5 ± 2 mmol/l), Isohydrie in vitro (Base Excess BE 0 ± 10 mmol/l) und in vivo (potentieller Base Excess BEpot 0 ± 10 mmol/l). Diese Iso-Eigenschaften machen den entscheidenden Vorteil eines solchen Antikoagulans aus: Beim Einsatz von CitrISO kann man jede Verdünnung mit Blut wählen, in vitro und in vivo, und dabei wird nur die resultierende Citrat-Konzentration verändert, nicht aber die Zusammensetzung des Blutes im Blut-Citrat-Gemisch. Wegen seiner deutlichen Vorteile kann es in allen Bereichen verwendet werden, in denen das bisherige Citrat für die Gerinnungshemmung Anwendung findet. Dies sind in vitro-Diagnostika, bei denen ungerinnbares Blut benötigt wird. Oder die in vitro-Lösungen für die Transfusionsmedizin zur Herstellung, Lagerung oder maschinellen Aufbereitung von Blutprodukten. Schließlich auch die in vivo-Therapie, nämlich alle Verfahren zur extrakorporalen Blut-Behandlung wie die intermittierende oder kontinuierliche Nierenersatztherapie
Die Forderung nach einem Iso-Citrat kann besonders eindrucksvoll bei der klassischen Stabilisator-Lösung für die Herstellung und Lagerung von Blutprodukten, nämlich ACD-A (Acid-Citrate-Dextrose-Formula A), dargestellt werden: ACD-A enthält 74,8 mmol/l Citrat sowie 38,1 mmol/l Citronensäure und damit ein Gesamt-Citrat von 112,9 mmol/l, der pH-Wert beträgt 5,0.
Wird diese Lösung in vitro eingesetzt, beträgt der stark säuernde BE -138 mmol/l als Resultat aus 114,3 mmol H+-Ionen (3 x 38,1 mmol/l Citronensäure) sowie dem fehlenden HCO3 (24 mmol/l). Gelangt diese Lösung in den Patienten, ist diese Wirkung reversibel, wenn die Organe des Patienten die Säure metabolisieren können. Der potentielle BE dieser Lösung beträgt +200 mmol/l, also ein stark alkalisierender Wert, sobald die Citronensäure und das Citrat der Lösung potentiell metabolisiert wurden. Der Wert von +200 mmol/l ergibt sich aus dem BE mit –138 mmol/l und dem alkalisierenden Gesamt-Citrat von 338,7 mmol/l (112,9 mmol/l Citrat x 3).
Zur Dokumentation dieser Situation werden eigene (unveröffentlichte) Daten einer maschinellen Stammzell-Separation über ca. 3 Stunden unter Verwendung von ACD-A vorgestellt. Im Mittel haben alle 10 Spender 829 ml ACD-A erhalten, die im Extrazellularraum von 14,8 l (20 % des mittleren Körpergewichts von 74,1 kg) einen reversiblen, Citronensäure-bedingten negativen BE von -7,7 mmol/l (138,3 mmol/l x 0,829 l / 14,8 l) und einen potentiellen, Citrat-bedingten positiven BE von +11,3 mmol/l (200,4 mmol/l x 0,829 l / 14,8 l) erzeugen müssten. Beide Wirkungen können sich aber wegen der Zeitcharakteristik des Metabolismus von Citronensäure (reversible Ansäuerung) und Citrat (irreversible Alkalisierung) überschneiden. Da die Alkalisierung aber überwiegt, ist mit positiven BE-Werten zu rechnen. In der folgenden Abbildung sind die bei den Patienten gemessenen maximalen positiven BE-Werte im Vergleich zum vorhergesagten theore-tischen BE für einen 50-100 % Citrat-Metabolismus dargestellt.
Offensichtlich liegen fast alle maximalen positiven BE-Werte zwischen den Vorhersagen für einen 50 %igen und 100 %igen Metabolismus im Patienten. Damit ist belegt, dass die im Patienten ankommenden Beträge von ACD-A zu einer deutlichen, unerwünschten Alkalisierung des Patienten führen. Da eine metabolische Alkalose vom Patienten automatisch über eine Hypoventilation kompensiert werden muss, kann die drohende Hypoxie und alkalosebedingte Hypocalcämie zum Problem werden.
Die für ACD-A gemessene Osmolalität ohne Glucose beträgt nur 265 mosmol/kg H2O, also eine stark hypotone Lösung. Der Messwert der Lösung mit den vorhandenen 123,7 mmol/l Glucose beträgt 396 mosmol/kg H2O, ein Wert der physiologisch deshalb nicht von Interesse ist, weil die Glucose - in vitro und in vivo - osmotisch nicht wirksam wird, da sie die Osmolalität sowohl im Plasma- als auch im Erythrozyten-Wasser gleichermaßen erhöht.
Damit kann ACD-A wie folgt eingeordnet werden:
Die Forderung nach "Iso" resultiert auch aus folgenden beispielhaften Problemen bei der bisherigen kontinuierlichen Nierenersatztherapie:
Auch bei den heute gebräuchlichen Citratlösungen für die Gerinnungs-Diagnostik kann die Forderung nach "Iso" gut begründet werden:
Die Osmolalität der zur Zeit verwendeten Citratlösungen wird offenbar kaum beachtet, wie das folgende Beispiel belegen soll: In einer aktuellen in vitro-Untersuchung [2] werden die Messungen an Blutproben durchgeführt, deren MCHC (mittlere korpuskuläre Hb-Konzentration) infolge Schrumpfung um 6 % über dem Normalwert liegen (Tab. 1), was anstandslos auf die Verwendung von „gepufferter“ 3,8 %iger Citratlösung (111 Citrat + 19 Citronensäure = 130 mmol/l = 334 mosmol/kg H2O), also einer deutlich hypertonen Lösung zurückzuführen ist.
Na3Citrat ermöglicht einen BE von 0 mmol/l, übt also keinen Einfluss auf den pH bzw. BE des Blutes aus, die Natrium-Belastung ist erheblich, spielt aber in vitro keine Rolle. Es ist möglich, eine isotone Lösung herzustellen (109 mmol/l).
Damit kann den Forderungen aus Forum 3 - Standardisierung des pH für die Gerinnungs-Diagnostik entsprochen werden: Eine Standardisierung kann nur so erfolgen, dass der pH der zu untersuchenden Probe unverändert, also der ursprüngliche in vivo-pH-Status der Probe gewahrt bleibt, um auch alle Azidose- oder Alkalose-bedingten Störungen des Gerinnungs-Status diagnostisch zu erfassen. Diese in vivo- (ex vivo-) Diagnostik des Patienten kann am ehesten am point of care (POC) patientennah erfolgen.
Der Vorteil der Citronen-Säure ist, dass die Natrium-Belastung des Patienten gering ausfällt, der Nachteil besteht aber darin, dass ein negativer, allerdings reversibler BE des Patienten resultiert. Als Nachteile von Na3Citrat müssen der größere, alkalisierende Einfluss auf den BEpot des Patienten sowie die erhebliche Natrium-Belastung berücksichtigt werden.
Eine isotone, isokaliämische, zweifach isohydrische Lösung (BE, BEpot) ist nicht herstellbar.
Im Gegensatz dazu besteht der Vorteil von Arginin-Citrat darin, dass hier eine metabolisierbare Substanz ohne nennenswerte Pufferkapazität beim pH von 7,4 ± 0,4 und ohne Wirkung auf den Metabolismus des Patienten eingesetzt wird. Damit ist sichergestellt, dass auf diese Weise Antikoagulantien sowohl für den in vitro- (Diagnostik) als auch den in vivo- (Therapie) Bereich hergestellt werden können.
Ein weiterer Aspekt könnte in Zukunft eine größere Rolle spielen, nämlich die Frage, ob Gerinnungstherapeutika für den in vivo-Bereich, z. B. für Blutprodukte oder die Citrat-Dialyse, wie bisher als Medizinprodukt (physikalische Wirkung) oder zukünftig als Arzneimittel (medizinische Wirkung) einzuordnen sind, wenn sie doch eine deutliche Wirkung auf den Elektrolyt- und Säure-Basen-Status des Patienten ausüben.
Rezepturen für Arginin-Citrat-Lösungen finden sich unter www.CitrISO.de
Arginin-Citrat-Chemikalien sind erhältlich unter www.bioanalytic.de