Nicht nur die Anzahl empfohlener Diäten zur Gewichtsreduktion sondern auch unglaubliche Angebote im Internet und in Anzeigen in der Tagespresse machen den Laien und den Arzt gleichermaßen neugierig. Im aktuellen Fall wirbt eine Firma (easylife) mit unrealistischen Angeboten, die eine Gewichtsreduktion von maximal 714 g/Tag, nämlich 50 Kilo in nur 10 Wochen (Herr R.M.) mit Originalfotos vorher/nachher beschreiben. Da diese Therapie von Frau Dr. med. Claudia Halbeck (Ernährungsmedizin) „ärztlich begleitet“ wird, sollten die meisten Zweifel ausgeräumt sein.
Dazu wird die Frage untersucht, ob eine Gewichtsreduktion bis zu 700 g/Tag möglich ist, und zwar „ohne Sport, ohne Ersatznahrung, ohne Kalorienzählen und ohne Falten, aber mit viel liebevoller Betreuung durch ein durchweg qualifiziertes Team von Ärzten und medizinischen Experten.“
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Abgeleitet werden diese Empfehlungen von den nachstehenden Fakten.
Demonstriert wird, wie man aus der Gewichtsabnahme auf den Abbau von Fett schließen kann, was bekanntlich das Hauptziel zum Erreichen der Idealfigur darstellt.
Dazu sind folgende Vorbemerkungen erforderlich: Man kann unterstellen, dass bei einer auf Wochen begrenzten Diät, beim Hungern oder Fasten bis hin zur Null-Diät vom Organismus lediglich Fett verbrannt, also im Stoffwechsel umgesetzt wird, während praktisch keine Kohlenhydrate (z. B. Zucker) oder Eiweiß (z. B. Muskel) abgebaut werden.
... sind nach einem Tag verbraucht.
Zitate (Berg et al. [2]):
Ein typischer, gut ernährter Mann von 70 kg verfügt über Brennstoff-Reserven von ca. 161.000 kcal, sein Energiebedarf beträgt für 24 Stunden zwischen 1.600 und 6.000 kcal abhängig von seiner Aktivität. Also reichen seine gespeicherten Brennstoff-Reserven für 1 bis 3 Monate. Aber seine Kohlenhydrat-Reserven sind nach nur einem Tag verbraucht.
Ein möglicher Eiweiß- bzw. Muskelabbau findet nicht statt.
Zitate (Berg et al. [2]):
Proteine werden nicht gelagert, also würde jeder Protein-Abbau zu einem Funktionsverlust des Muskels führen. Die sekundäre Priorität des Stoffwechsels ist daher die Erhaltung von Protein, was eine Verlagerung der Energiegewinnung von der Glukose (Zucker) zu den Fettsäuren (Fett) und Ketonkörpern (in der Leber aus Fett produziert) verursacht. Die effektive Umwandlung von Fettsäuren in Ketonkörper durch die Leber und der Verbrauch durch das Gehirn reduziert den Bedarf an Glukose.
Nach etwa drei Hunger-Tagen bildet die Leber große Mengen von Ketonkörpern, jetzt beginnt das Gehirn große Mengen an Ketonkörpern statt Glucose zu verbrauchen. Auch der Muskel wechselt anstelle der Glukose weitgehend auf die Fettsäuren als Energielieferant. Weniger Muskel wird nun abgebaut, jetzt 20 g/Tag gegenüber 75 g zu Beginn des Hungers.
Erst wenn die Fett-Reserven – nach Wochen – verbraucht sind bleiben die Protein-Reserven übrig. Der Proteinabbau nimmt jetzt zu und der Tod tritt ein als Ergebnis des Funktionsverlustes von Herz, Leber und Nieren.
Im Gegensatz zur weit verbreiteten Annahme, dass unter dem zeitlich limitierten Fasten bis hin zur Null-Diät ein wesentlicher Protein- und damit Muskel-Abbau stattfindet, triff nicht zu. Richtig ist, dass es in den ersten drei Hunger-Tagen zu einem vorübergehenden Protein- und damit Muskelabbau von ca. 75 g/Tag kommen kann, der sich danach über viele Wochen auf ca. 20 g/Tag reduziert, unterstellt, dass vom ersten Tag an kein Protein zugeführt wird. Weder 75 g/Tag für maximal drei Tage noch 20 g/Tag für einige Wochen tragen daher zur Gewichts-Reduktion unter Null-Diät bei.
Somit kann für typische Klienten unter der easylife-Therapie eine Bilanz aufgemacht werden.
Der erste Klient wurde aus den Angeboten im Internet und Anzeigen in der Tagespresse ausgewählt, der Rekordhalter R.M., der 50 Kilo in nur 10 Wochen abgenommen haben soll, also ein Spitzenwert von 714 g/Tag.
Dieser Wert wird verglichen mit dem Maximalwert, den Herr R.M. unter Null-Diät erreichen könnte, also nicht vergleichbar mit der easylife-Diät.
Folgende Annahmen werden gemacht: Bei einer Körpergröße von 180 cm, einem Ausgangs-Gewicht von 130 kg, d. h. BMI von 40 (deutliches Übergewicht), kam es zu einer Gewichts-Abnahme auf 80 kg, also ein BMI von 24,7 (Normalgewicht).
Der Klient (180 cm, 130 kg, 45 Jahre) könnte in körperlicher Ruhe, bei Indifferenz-Temperatur (etc.), also Grundumsatz (GU)-Bedingungen, maximal 2.344 kcal/Tag einsparen, zusätzlich für 8 Stunden Bürotätigkeit 1.248 kcal/Tag, 1 Stunde Wandern 910 kcal/Tag, macht zusammen 4.502 kcal/Tag.
Am Ende der Therapie wäre das ein Grundumsatz von 1.712 kcal/Tag, zusätzlich für 8 Stunden Bürotätigkeit 768 kcal/Tag, 1 Stunde Wandern 560 kcal/Tag, macht zusammen 3.040 kcal/Tag.
Als Mittelwert (Anfang bis Ende) würden also 3.771 kcal/Tag eingespart. Dann könnte der Klient unter Null-Diät 405 g/Tag Gewicht in Form von Fett abbauen. Dieser Wert ergibt sich, wenn man die einzusparenden kcal durch den physiologischen Brennwert von 9,3 kcal/g Fett teilt. Alle Daten sind im Kalorienrechner nachzuprüfen.
Zusätzlich entstehen beim Fett-Abbau pro Gramm Fett 1,1 ml flüssiges Oxidationswasser, das es bei ausgeglichenem Wasserhaushalt mehr oder weniger auszuscheiden gilt, das wären maximal zusätzlich 446 g/Tag, also zusammen maximal 851 g/Tag.
Die easylife-Angabe von ca. 700 g/Tag – unter spezieller easylife-Diät – ist absolut unrealistisch, gemessen an gut 800 g/Tag – wohlgemerkt bei Null-Diät.
Der zweite Klient ist eine Frau, die dem Autor (RZ) persönlich bekannt ist, und im Therapie-Verlauf begleitet wurde.
Übergewichtige Frau (A.N.M.) von 48 Jahren mit 82,5 kg und einer Körpergröße von 164 cm (BMI 30,5 = Adipositas) in körperlicher Ruhe, bei Indifferenz-Temperatur (etc.) also Grundumsatz-Bedingungen könnte maximal 1.496 kcal/Tag einsparen (GU), zusätzlich für 8 Stunden Putzen 1.640 kcal/Tag, 2 Stunden Körperpflege 410 kcal/Tag und 2 Stunden Kochen mit weiteren 377 kcal/Tag, macht zusammen 3.923 kcal/Tag. Hier im Kalorienrechner nachzuprüfen.
Unterstellt – Versprechen von easylife gemäß Klientin – sie würde unter dieser Null-Diät, das sind nicht die Bedingungen von easylife, nur Fett abbauen, dann könnte sie maximal unter Null-Dät 422 g/Tag Gewicht in Form von Fett abbauen.
Dieser Wert ergibt sich, wenn man die einzusparenden kcal durch den physiologischen Brennwert von 9,3 kcal/g Fett teilt. Zusätzlich pro Gramm Fett 1,1 ml flüssiges Oxidationswasser, das wären maximal zusätzlich 464 g/Tag, also zusammen maximal 886 g/Tag, wohlgemerkt unter Null-Diät.
Die Realität zum Vergleich:
Am 23.02.2017 ein KG von 82,5 kg, am 02.05.2017 ein KG von 74 kg, also nach 68 Tagen 8,5 kg Verlust = 125 g/Tag.
Nach Angabe der Klientin lautete die Zusage von easylife: In 10 Wochen (70 Tage) von 82,5 auf 65 kg, d. h. 17,5 in 70 Tagen = 250 g/Tag.
Die Therapie wurde dann abgebrochen, berechnet wurden trotzdem 3.030 €, entgegen der Angabe „Kostenfreie Beratungstermine“ wurden für die erste Beratung 450 € berechnet.
Die easylife-Zusage gemäß Klientin, in 10 Wochen von 82,5 auf 65 kg = 250 g/Tag – unter spezieller easylife-Diät – ist unrealistisch im Vergleich zu 125 g/Tag, in 68 Tagen ein Verlust von 8,5 kg.
Die beiden folgenden Publikationen beschreiben die realistische Situation einer Diät bzw. Null-Diät.
Bei übergewichtigen Probanden wird mit radioaktiven Methoden untersucht, inwieweit sich eine Kohlenhydrat-Restriktion auf die Bildung der Glukoneogenese-Vorstufen aus Glycerin oder aus Laktat bzw. Aminosäuren auswirkt. Dabei werden drei Gruppen mit jeweils 7 Probanden gebildet: Gewichts-stabile Probanden, Probanden nach Kohlenhydrat-Restriktion mit weniger als 20 g/Tag und Probanden nach Kalorien-Restriktion mit maximal 800 kcal/Tag.
Bei Probanden nach Kohlenhydrat Restriktion kam der überwiegende Anteil der hepatischen Glukose-Produktion aus Laktat- bzw. Aminosäuren-Vorstufen, der Anteil der Glycerin-Vorstufen war in allen Gruppen gleich trotz einer gesteigerten hepatischen Fett-Oxidation bei der Gruppe der Kohlenhydrat-Restriktion.
Nach 2 Wochen zeigten die Probanden der Kohlenhydrat-Restriktion mit 4,4 kg einen größeren Gewichtsverlust als die Gruppe der Kalorien-Restriktion mit 2,3 kg (s. Vergleichstabelle).
Offenbar ist die Effektivität einer Kohlenhydrat-Restriktion bezüglich des Gewichtsverlusts derjenigen einer Kalorien-Restriktion überlegen, auch ersichtlich an der deutlich höheren Keton-Konzentration im Blut als Ausdruck des Fett-Abbaus.
In dieser Arbeit wurden 11 Probanden [29,1 Jahre, 173 cm Größe, 135,8 kg KG, BMI 45,4 (Adipositas), ca. 50 % Frauen und Männer] unter Null-Diät zur Gewichtsreduktion geführt, im Mittel 20,3 kg Abnahme in 36,6 Tagen, das entspricht im Mittel 555 g/Tag.
Der Grundumsatz dürfte 2.345 kcal/Tag (Mittelwert Frauen 2.213 und Männer 2.476) betragen haben, plus tägl. Walking (4 km/h) mit 1.225 kcal/Tag, dürfte der Gesamtumsatz 3.570 kcal/Tag betragen haben.
Für einen Probanden (F.N., 49 J., Mann 177,5 cm, 132,6 kg, Abnahme 22,8 kg in 38 Tagen = 600 g/d) wurde eine vollständige Urin-Diagnostik betrieben. Daraus ist abzuleiten, dass ein möglicher Eiweiß- bzw. Muskelabbau unter Diät oder Fasten nicht stattgefunden hat. Somit erfolgte die Energiegewinnung ausschließlich aus dem Fettabbau (physiol. Brennwert 9,3 kcal/g), dies entspräche einem Gewichtsverlust von 383 g/Tag.
Zusätzlich entstehen beim Fett-Abbau pro Gramm Fett 1,1 ml flüssiges Oxidationswasser, die es bei ausgeglichenem Wasserhaushalt zu eliminieren gilt, das wären zusätzlich 421 g/Tag, also zusammen ein theoretischer Gewichtsverlust von ca. 800 g versus gemessener von 600 g/Tag.
Man darf also unterstellen, dass die „bescheidenen“ 1,5 l Waser, die die Probanden pro Tag erhalten haben, teilweise durch Oxidationswasser erhöht wurden, d. h. nicht ausgeschieden wurden.
Unter einer Null-Diät kann ein täglicher Gewichtsverlust von ca. 600 g gemessen werden, der rechnerisch von ca. 800 g übertroffen wird, wenn ca. 400 g Fettabbau und daraus resultierendes Oxidationswasser von ebenfalls ca. 400 g addiert werden.