Die diagnostische Aussagekraft der den arteriellen O2-Status bestimmenden Größen muss gemäß Abb. Determinanten sehr unterschiedlich sein. Der pO2 wird immer dann verändert sein, wenn eine eingeschränkte Lungenfunktion vorliegt oder der inspiratorische pO2 verändert ist. Eine Abnahme der psO2 wird praktisch immer dann auftreten, wenn der pO2 abgenommen hat, allerdings, wegen der Form der O2-Bindungskurve, nicht im gleichen Ausmaß. Eine Abnahme der sO2 wird zusätzlich dann auftreten, wenn das O2-Bindungsvermögen des Hb oder (selten) die O2-Afinität des Hb abnimmt. Eine Änderung des cO2 schließlich erfasst alle beschriebenen Veränderungen und darüber hinaus auch solche der Hb-Konzentration. Die diagnostische Aussagekraft nimmt also in der Reihenfolge pO2, psO2, sO2 und cO2 eindeutig zu, der cO2 kann als Globalwert des O2-Status bezeichnet werden, da er Veränderungen aller anderen Größen miterfasst [Mertzlufft, Zander 1991]. Die heute zur Verfügung stehenden Methoden sind nach den gewonnenen Messwerten in Tab. Messwerte und Geräte zusammengestellt.
Nicht aufgenommen wurden in vivo-Geräte zur transkutanen Messung des O2-Partialdrucks (O2-Elektrode, Polarographie) sowie Oxymetrie-Katheter zur Messung der psO2 bzw. sO2. Erstere haben sich, wenn überhaupt, nur in der Neonatologie wegen der besonders günstigen Durchblutungsverhältnisse der Haut durchsetzen können und sind heute, insbesondere zur Prävention von Hyper- und Hypoxie, weitgehend vom Pulsoxymeter abgelöst worden. Da die Oxymetrie-Katheter noch nicht ausreichend validiert worden sind, haben sie bis heute keine weite klinische Verbreitung gefunden. Die Entwicklung der Medizintechnik auf diesem Sektor geht generell vom pO2 weg in Richtung psO2 bzw. sO2 wegen der größeren diagnostischen Aussagekraft. Die Blutgas-Analyse liefert traditionell den Wert des arteriellen pO2, dessen diagnostische Aussagekraft sich lediglich auf die Lungenfunktion bezieht. Unter klinisch-praktischen Bedingungen hingegen wird heute als diagnostisches Kriterium meistens nicht mehr der pO2 sondern die sO2 bevorzugt, weil sie unabhängig von der Geschlechtszugehörigkeit nur einen Normalwert aufweist und zudem methodisch leichter zugänglich ist. Pulsoxymeter messen die arterielle, partielle O2-Sättigung spektralphotometrisch, kontinuierlich, nichtinvasiv und in vivo am Finger. Da nur zwei Wellenlängen verwendet werden, kann nur die sogenannte psO2 gemessen werden. Bei einem Raucher mit z. B. 10 % COHb zeigt dann ein Pulsoxymeter anstelle einer sO2 von 88 % eine psO2 von 98 % an. Somit ist der gewonnene Messwert psO2 dem arteriellen pO2 sehr ähnlich: Lungenfunktionsstörungen werden diagnostiziert, alle sonstigen Veränderungen wie das Vorliegen von Dyshämoglobinen (COHb, MetHb) oder eine Anämie werden nicht erfasst. Häm-Oxymeter sind Mehrwellenlängen-Oxymeter für die in vitro - Diagnostik aller Hb-Derivate (O2Hb, HHb, COHb, MetHb) sowie zur Bestimmung der Gesamt-Hb-Konzentration. Da der Benutzer unverständlicherweise bei fast allen Geräten zwischen der Angabe der psO2 und sO2 wählen kann, zusätzlich bisweilen auf dem Ausdruck auch noch die aus der Blutgas-Analyse berechnete psO2 erscheint, entsteht vor Ort leider häufig eine unnötige Konfusion. An dem bereits erwähnten Beispiel, Raucher mit 10 % COHb, soll dies verdeutlicht werden, wobei zusätzlich eine arterielle Hypoxie mit einem paO2 von 50 mmHg angenommen wird: Die BGA liefert neben dem pO2 von 50 mmHg einen berechneten psO2-Wert von 85 %, gut vergleichbar mit dem des Pulsoxymeters und dem des Häm-Oxymeters, letzteres aber liefert zusätzlich eine sO2 von 76,5 % mit der Angabe 10 % COHb. Nur diese letzten beiden Werte beschreiben eindeutig die klinische Situation des Patienten, dem mit einer Erhöhung der FIO2 von 0,21 auf 0,30 kaum geholfen wäre, da dadurch nur die psO2, nicht aber die sO2 normalisiert werden könnte. Da die Hersteller darüber hinaus in vielen Fällen ihre eigenen Symbole verwenden, obwohl Vorschläge zu einer Vereinheitlichung gemacht wurden [Zander, Mertzlufft 1990], hat der behandelnde Arzt logischerweise häufig mit weiteren Verständnis-Schwierigkeiten zu kämpfen.
Zur Beurteilung einer speziellen Organfunktion kann es sich anbieten, die Diagnostik der O2-Versorgung auch auf die venöse Seite auszudehnen. Die venöse sO2 oder der cO2 mit der Möglichkeit, die avDO2 zu ermitteln, erscheint attraktiv. Dies gilt insbesondere für diejenigen Organe, bei denen eine venöse Probennahme relativ leicht möglich ist, nämlich das Zentralnervensystem (Bulbus venae jugularis) oder die Leber (Vena hepatica). Leider aber werden die venösen Werte von zwei entscheidenden Größen mitbestimmt, nämlich dem speziellen O2-Verbrauch des Gewebes und der Durchblutung. Kann man hingegen den O2-Verbrauch als konstant annehmen oder die Durchblutung zusätzlich messen, ist eine derartige Diagnostik sinnvoll. Da dies aber meist nicht möglich ist, bleibt die venöse Diagnostik vorläufig dem Spezialisten vorbehalten. Die gleiche Einschränkung gilt naturgemäß auch für das gemischtvenöse Blut, über einen Pulmonaliskatheter gewonnen, dessen Zusammensetzung vom Gesamt-O2-Verbrauch und dem HZV bestimmt wird, dabei kann eine zentralvenöse Blutprobe das gemischtvenöse Blut nicht ersetzen. Versuche, den mittleren Gewebe-pO2 des Muskels zu messen und als repräsentativ für den Gesamt-Organismus zu interpretieren, müssen als untauglich bezeichnet werden, da der Muskel geradezu als Beispiel dafür angesehen werden kann, dass eine Unterbrechung der O2-Versorgung (z. B. Aortenclamping über 90 min) anstandslos überstanden wird.