Welchen arteriellen pH-Wert und CO2-Partialdruck hat ein Patient mit einem Base Excess von 0 mmol/l, der bei einer Körpertemperatur von 25 °C intraoperativ mit einem end-exspiratorischen pCO2 von 40 mmHg unter Kapnometer-Kontrolle beatmet wird ?
A Messtemperatur 37 °C: pH 7,40 / pCO2 71 mmHg
B Messtemperatur 37 °C: pH 7,56 / pCO2 22 mmHg
C Messtemperatur 25 °C: pH 7,24 / pCO2 40 mmHg
D Messtemperatur 25 °C: pH 7,40 / pCO2 40 mmHg
E Keine der Antworten ist richtig.
Die richtige Lösung lautet: D*
Wenn sowohl die Patienten- als auch die Messtemperatur 25 °C betragen, dann muss der pH für eine Blutprobe mit BE = 0 mmol/l wieder den Normalwert von 7,40 aufweisen, wenn der Patient auf pCO2 von 40 mmHg beatmet wurde.
Diese Lösung ergibt sich aufgrund folgender Tatsache: Der Base Excess (BE, mmol/l) muss per definitionem unabhängig von der Temperatur sein, d. h. eine Blutprobe mit einem BE von z. B. 0 mmol/l muss bei jeder Temperatur wieder 0 mmol/l betragen.
Drei Zitate dazu:
Allein aus diesen Zitaten ist der Schluss zu ziehen, dass alle Patienten unter Hypothermie einen pH von 7,40 haben, solange sie einen pCO2 von 40 mmHg und einen BE von 0 mmol/l aufweisen.
Folgende Messungen wurden dazu durchgeführt:
Äquilibrierung von venösem Frischblut im IL-Tonometer 237 (Instrumentation Laboratory) bei 37 bzw. 25 °C mit wasserdampfgesättigten Gasen auf pCO2 40 und pO2 100 mmHg (Gasgemisch 5,68 % CO2 bzw. 14,20 % O2 bei 37 °C und 5,50 % CO2 bzw. 13,75 % O2 bei 25 °C, pB 751 mmHg). Die etwas unterschiedlichen Gase resultieren aus der Tatsache, dass der pH2O einmal 47,1 (37 °C) und dann 23,8 mmHg (25 °C) beträgt.
Die Gaspartialdrücke werden mit einer Gasmischanlage aus Reinstgasen (Linde) durch Mikroprozessor gesteuerte Ventile geliefert (Precision Gas Mixer Corning 192).
Unter in vitro-Bedingungen kann mit klinisch ausreichender Genauigkeit demonstriert werden, dass der BE tatsächlich unabhängig von der Temperatur ist: Eine Blutprobe mit pCO2 40 mmHg und BE O mmol/l zeigt unabhängig von der Temperatur einen pH von 7,40 und eine mit BE - 10 mmol/l einen pH von 7,25.
Ein herkömmlicher Blutgas-Analysator ist nachweislich in der Lage, eine bei 25 °C äquilibrierte Blutprobe bei 37 °C zu vermessen und nach Korrektur auf 25 °C ein richtiges Ergebnis anzugeben. Dies gilt in jedem Falle für den BE (ca. - 9 mmol/l) und mit geringer Einschränkung auch für die Werte pH (7,267 statt 7,258) sowie pCO2 (41,4 / 42,0 statt 40 mmHg) und pO2 (116 / 117 statt 100 mmHg).
De facto wird dem Blut im geschlossenen System des Analysators, in Folge der Temperaturerhöhung auf 37 °C mit Abnahme der CO2-Löslichkeit, eine fiktive respiratorische Azidose (pCO2 ?, pH ?) aufgezwungen, die per definitionem keine BE-Änderung zulässt. Der Analysator kann dann diese Temperaturerhöhung rechnerisch rückgängig machen.
Unter systemischer Kühlung (CoolGuard-System, V. femoralis-Katheter) bei einer Temperatur von 32 °C (Blasenkatheter) kontinuierlich überwacht.
Zustand bei schwerem SHT, cHb 10,5 g/dl, saO2 98,5 %, Hauptstrom-Kapnometer (Dräger, Evita XL) zur Messung des petCO2 (peECO2), Hyperventilation zur Hirndruck-Senkung gemäß kontinuierlichem ICP-Monitoring (bei metabolischer Azidose). Messungen: Doppelbestimmungen, um ca. 2 min versetzt, Radiometer ABL 700 Series.
Die richtige Beatmung, üblicherweise auf pCO2 40 ± 5 mmHg, orientiert sich am Kapnometer, die Kontrolle erfolgt über den Temperatur-korrigierten paCO2; der Metabolismus wird über den Temperatur-unabhängigen BE diagnostiziert; der auf die Körpertemperatur korrigierte pH dient, wenn überhaupt, nur zur Diagnostik Azidose oder Alkalose.
* Herr Priv.-Doz. Dr. med. Dominique Singer (Perinatalzentrum der Universitätskinderklinik Würzburg) hat als Einziger das Rätsel richtig gelöst.
** Herr Prof. Dr. med. Fritz Mertzlufft (Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Evangelisches Krankenhaus Bielefeld gGmbH, Betriebsstätte Krankenanstalten Gilead, Bethel) hat diese Daten freundlicherweise zur Verfügung gestellt.