Politikversagen: Cannabis-Rauchen und Kohlenmonoxid (CO)

Für ein Politikversagen sprechen folgende Fakten

Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)

Das BfR teilt Anfang April 2024 mit:
Auf Ihre Anfrage, ob es beim Cannabis-Rauchen zu einer Gefährdung durch CO-Inhalation kommt: Dem BfR liegen keine Daten zur CO-Inhalation von Cannabis vor.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

Auf die Anfrage, ob es beim Tabak- oder Cannabis-Rauchen zu einer Gefährdung durch eine CO-Inhalation kommt, teilt die BZgA im April 2024 mit: "Schauen Sie doch bitte einmal unter folgender Unterseite, ob das Ihre Fragen beantwortet: Rauchen-Info – Rauchen Gesundheit – COPD und andere Atemwegserkrankungen".

Tabakwerbung

  • 2019
    Offener Brief an Herrn Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen:
    „Können Sie Ihr vorgeschlagenes Rauchverbot in Autos 2019 rechtfertigen, nachdem sich die CDU/CSU seit 1992 für die Tabakwerbung einsetzt?“
  • 2020
    Offener Brief an Frau Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft:
    „Wollen Sie uns Bürgern beim Tabakwerbeverbot tatsächlich zumuten, dass das Sponsoring nationaler Veranstaltungen – weiterhin – erlaubt bleibt, wie zuletzt bei den Parteitagen von CDU und SPD, nachdem Philip Morris schon von 2010 bis 2015 insgesamt 544.000 € an CDU, SPD und FDP gesponsert hat?“
  • 2024
    Burkhard Blienert, der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, hat beim Tabakkonsum von „massivem Handlungsbedarf“ gesprochen (s.u.), "... die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und dafür zu sorgen, dass für Zigaretten und Co. nicht mehr geworben werden darf..."

Vorbemerkungen zur Physiologie des Kohlenmonoxids (CO)

Zitate aus Physioklin im Anhang

Automobil – Katalysator und CO

Vor Einführung des Katalysators an Kraftfahrzeugen galt das Auto als wesentliche Quelle für CO in der Umwelt. Eine entsprechende Publikation aus 1990 wird hier angeboten, basierend auf eine Dissertation (von P. Schirmacher 1987).

Fazit damals: Die CO-Emission von Kfz kann nur durch die Benutzung von Katalysatoren reduziert werden, die verbindliche Vorschrift erfolgte zum 1. Januar 1989.

Tabak-Rauchen und CO

Seit 1981 mit Erscheinen des Buches von Pankow (3) wurde das Thema gut behandelt.

Zigaretten-Rauchen: Fakten zum CO bzw. Carboxy-Hämoglobin (COHb, %)

Im Anhang werden wesentliche Zitate aus Zander (4) wiedergegeben.

Die Zahlenangaben zum Zigarettenrauchen werden wie folgt zusammengefasst:

  • Wegen der extrem hohen Affinität des CO zum Hämoglobin führt jede Inhalation von CO im Zigarettenrauch fast vollständig zur Bildung von Carboxy-Hämoglobin im Blut.
  • Die CO-Konzentration im Zigaretten-Rauch beträgt ca. 3,5 % (2 bis 5 %), vergleichbar mit den Autoabgasen ohne Katalysator.
  • Ein Raucher liefert dem Blut mit jeder 70 ml-Inhalation (3,5 % CO) insgesamt 2,5 ml CO.
  • Eine Zigarette mit 10 Zügen liefert somit 25 ml CO, die die Gesamt-Kapazität des Hämoglobins eines Erwachsenen (5 Liter Blut mit 150 g/l Hämoglobin x 1,39 ml CO pro g) mit 2,5 % COHb belasten.

Fazit: Das Rauchen einer Zigarette kann – maximal – bis zu ca. 2,5 % COHb bilden.

In der Originalpublikation (4) finden sich COHb-Konzentrationen bei Rauchern.

Shisha (Wasserpfeife)

Einige Literaturdaten zum Shisha-Rauchen:

  • 2009 weist das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) darauf hin, dass Wasserpfeifen, auch Shisha genannt, vor allem unter Jugendlichen in Deutschland ein beliebter Trend sind, und dass der regelmäßige Konsum von Tabak mit Wasserpfeifen kaum weniger gesundheitliche Risiken mit sich bringt als das Rauchen von Zigaretten. Neue Daten, unter anderem aus eigenen Forschungsarbeiten, lassen nun den Schluss zu, dass Wasserpfeifenkonsumenten mit dem Rauch erheblich höhere Mengen an Kohlenmonoxid aufnehmen als Zigarettenraucher.
  • 2014 berichteten Rappard et al. (2) über vier junge Erwachsene im Alter von 16 bis 21 Jahren, wobei in drei Fällen eine vorübergehende Bewusstlosigkeit zur Krankenhauseinweisung führte. Bei den symptomatischen Patienten wurde ein COHb-Wert von 20,1 % bis 29,6 % nachgewiesen. Eine asymptomatische Patientin wies einen COHb-Gehalt von 16,7 % auf. Bei allen Patienten stellte Wasserpfeifenkonsum die Ursache der CO-Intoxikation dar. Unter einer hochdosierten Sauerstoffgabe waren die COHb-Werte rückläufig, so dass alle Patienten beschwerdefrei entlassen werden konnten.
  • 2019 wurde im Deutschen Ärzteblatt eine ausführliche Darstellung des Shisha-Rauchens unter dem Titel „Das angeblich bessere Rauchen“ publiziert, siehe Anhang.
  • 2019 wurde vom Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) berichtet, wie viele Patienten wegen einer CO-Vergiftung nach Wasserpfeifenkonsum als Notfall behandelt werden mussten. Über den Gesamtzeitraum 2010 bis 2018 wurden 94 Patienten nach Wasserpfeifenkonsum am UKD behandelt. In den Jahren 2017 und 2018 war es mit 31,2 % der häufigste Grund für eine Notfall-HBO-Therapie (hyperbare O2-Therapie) vor defekten Gasthermen und Wohnungsbränden. Die Höhe des mit Kohlenmonoxid gesättigten Hämoglobins betrug im Mittelwert 20 %. Schwindel war das Hauptsymptom vor Ohnmacht und Kopfschmerz (siehe Poster).

Die im Deutschen Ärzteblatt 2019 (s.o.) publizierte Tabelle wurde von der Barmer Krankenkasse anschaulich dargestellt:

In dieser Tabelle bzw. ihrer Darstellung „Nikotinbombe“ sind die besonderen Verhältnisse des Shisha-Rauchens wie folgt beschrieben:
Im Gegensatz zur Zigarette mit einem Gasvolumen pro Zug im Mund von 50 ml (30-70) werden beim Shisha-Rauchen 500 ml (300-900) pro Zug in die Lunge aufgenommen.
Unterstellt, die CO-Konzentrationen sind dabei ähnlich oder gleich (3,5 % CO), dann werden pro Zug nicht 1,75 ml CO wie beim Zigaretten-Rauchen sondern 17,5 ml CO beim Shisha-Rauchen in die Lunge und damit automatisch ins Blut aufgenommen.

Fazit 1: Beim Shisha-Rauchen ...

... wird im Vergleich zur Zigarette die zehnfache Menge an CO inhaliert. Diese Feststellung findet sich in vielen Veröffentlichungen.

Simulation – Nicht nachmachen!

1 Zug an einer üblichen Zigarette als Simulation eines Wasserpfeifen-Zuges: Statt 50 ml Zugvolumen aus der Zigarette jetzt 500 ml Zug aus der Wasserpfeife. Damit werden 3,5 % CO inhaliert in 500 ml, also ca. 15 ml CO (genau 17,5).
Dieser Eintrag an CO kann 100 ml Blut fast komplett mit CO sättigen und somit das Blut vollständig O2-frei machen. Bei einem Herzminutenvolumen von 5 Litern pro Minute machen 100 ml Blut etwas mehr als eine Herzaktion aus. Für die Dauer dieser Herzaktion gelangen nun ca. 100 ml Sauerstoff-freies Blut nach ca. 20 Sekunden (Weg von der Lunge zum Gehirn) im Gehirn an und erzeugen dort für eine kurze Zeit von wenigen Sekunden ein Gefühl von Schwindel, eine hypoxische Euphorie, die möglicherweise als Wirkung einer Wasserpfeifen-Rauchaktion fehlinterpretiert wird.

Langzeitfolgen des Rauchens

Eine chronische Hypoxie, hier infolge erhöhter CO-Hb-Konzentrationen, führt zu einer kompensatorischen Erhöhung der Hämoglobin-Konzentration des Menschen. Der Stimulus für die Produktion von Erythropoetin ist eine verminderte Sauerstoffsättigung (Hypoxie) in den Nierenarterien.

Doping

Wenn ein Langläufer eine zu hohe Hämoglobin-Konzentration aufweist, bekommt er eine Schutzsperre von Tagen: Hämoglobin-Werte über 16,0 g/dl bei Frauen und 17,0 g/dl bei Männern können Indizien für Doping sein. Diese Werte können gefährlich werden, weil die Viskosität (Fließverhalten) des Blutes zunimmt.

Erythropoetin (EPO) steht auf der Doping-Liste. Der Grund, warum heute EPO als Dopingmittel im Ausdauersport eingesetzt wird, ist die Erhöhung des Blutvolumens, der Erythrozyten- und damit Hämoglobin-Konzentration zur Steigerung der Sauerstoff­-Transpor­t-Kapazität. Eine Erhöhung der Hämoglobinkonzentration um 0,3 g/dl hat angeblich eine 1 % höhere Ausdauerleistungsfähigkeit zur Folge. 2012 starb der deutsche Amateur-Mountain­biker Frederik Zierke nachweislich an einer illegalen EPO-Einnahme. Auch eine natürliche Förderung der EPO-Bildung beim Höhentraining, auf ca. 2.000 m, wird praktiziert. Der menschliche Körper akklimatisiert sich an die Hypoxie in großen Höhen, indem er mehr EPO bildet. Diese Methode ist legitim, um im Wettkampf gute Ergebnisse zu erzielen.

Cannabis-Rauchen

Wie bereits für das Wasserpfeifen-Rauchen (Shisha) belegt, kann die Wirkung von Cannabis-Rauchen vorhergesagt werden. Die im Vergleich zum Zigaretten-Rauchen andere Rauchtechnik wird auch hier erneut beschrieben: Nicht 50 ml eines Lungenzuges mit ca. 3,5 % CO gelangen in die Lunge, sondern ein Atemzug von ca. 500 ml mit ca. 3,5 % CO. Nun werden ca. 15 ml CO pro Inhalation ins Blut aufgenommen.

Forensicher Hinweis

Eine Erhöhung der Hämoglobin-Konzentration (Doping) spricht als Indiz sehr für einen chronisches Cannabis-Konsum.

Fazit 2: Beim Cannabis-Rauchen ...

... wird wie bei der Wasserpfeife (Shisha) eine erhebliche Menge an CO (Kohlenmonoxid) inhaliert. Die Folgen einer CO-Intoxikation sind damit vorhersagbar.

Fazit 3: Kiffen, smoken, qualmen, haschen ...

... total ungesund. Ein Joint so schädlich wie eine ganze Packung Zigaretten (Zitat aus dem Internet).

Fazit 4: Das Cannabis-Problem ...

... drängt!

Ausblick

Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, hat beim Tabakkonsum von „massivem Handlungsbedarf“ gesprochen. Er fordert, „jetzt die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und dafür zu sorgen, dass für Zigaretten und Co. nicht mehr geworben werden darf und es auch kein Sponsoring durch die Tabakindustrie mehr gibt.“ (dpa, Berlin, 20.04.2024). Es fehlt ein Kommentar zur Cannabis-Legalisierung!

Ein WHO-Bericht „Wie Europas Kinder trinken und dampfen“ zeigt, dass Heranwachsende in erheblichem Maß Suchtmittel konsumieren. Kiffen: Insgesamt 6 % der 15-Jährigen gaben an, im vergangenen Monat Cannabis konsumiert zu haben (SZ 26.04.2024).

Messung von COHb

Hinweis zur Messung von COHb.

Literatur

  1. Anderhub HP, Hafer P, Scherrer M:
    Normalwerte der Hb-CO-Sättigung des Blutes
    Schweiz. med. Wschr. 1970; 100: 739-745
  2. Rappard J von, Schönenberger M, Bärlocher L:
    Akzidentelle Kohlenmonoxidintoxikationen nach Wasserpfeifenkonsum
    Dtsch Ärztebl Int 2014; 111: 674-679
  3. Pankow D:
    Toxikologie des Kohlenmonoxids
    VEB Verlag Volk und Gesundheit. Berlin 1981 (mit 1.978 verarbeiteten Literaturstellen)
  4. Zander R:
    COHb-Konzentrationen im Blut bei Rauchern und Nichtrauchern
    In: Der Sauerstoff-Status des arteriellen Blutes (Zander R, Mertzlufft FO, Hrsg.)
    Karger, Basel 1988; 183-186