Deutsches Reanimationsregister – top secret

Appell an Herrn Prof. Dr. med. J.-T. Gräsner

(Direktor des Instituts für Rettungs- und Notfallmedizin, UKSH Kiel)

  • Geben Sie endlich die Daten des Deutschen Reanimationsregisters frei!

Veröffentlichen Sie – bis zur Woche der Wiederbelebung (17.- 23.09.2018) – die in der Tabelle Außerklinische Reanimation gemäß Reanimationsregister der DGAI mit rot gekennzeichneten Zahlen, die angegebenen Maxima und Minima, erläutern den Abfall zwischen Aufnahme im Krankenhaus und Entlassung lebend, begründen die auf die „Weiterversorgung“ bezogenen Prozentzahlen, damit jeder Interessierte einen Vergleich mit anderen Ländern Europas vornehmen kann!

Kommentar zur Publikation:
Innerklinische Reanimation 2017 des Deutschen Reanimationsregisters
Anästh Intensivmed 2018; 59: 450 - 452

Der Erstautor dieser Publikation, Herr Dr. med. Stephan Seewald (Kiel), war unter seiner Korrespondenz-Adresse nicht bereit, Auskunft darüber zu geben,warum bei der Datenerhebung zur innerklinischen Reanimation im Jahr 2017 das „24 h Überleben“, das „30 Tage Überleben“ und die „Entlassung aus dem Krankenhaus“ zwar erfasst, aber – auch hier ohne Begründung – nicht veröffentlicht wurden. Wieder top secret? (s. Fußnote)

Hintergrund

2014 – Empfehlung der Kultusministerkonferenz

Nach dem aktuellen Stand zum Schuljahr 2016/17 nahmen insgesamt 32 der 37 Universitäten an dem Interview teil. Sechs Universitätskliniken … sehen hier ihre Kernkompetenz in der Ausbildung der Trainer. Der Inhalt des Trainings für die 7. Klassen war sehr unterschiedlich und reichte von compression-only (CPR) über Basic Life Support (BLS) mit Beatmung und Nutzung des Automatisierten Externen Defibrillators (AED).
Schlussfolgerungen: Die Bereitschaft der anästhesiologischen Abteilungen der Universitätskliniken, die Empfehlung der Kultusministerkonferenz (KMK) zu unterstützten, ist groß, jedoch sind wir in Deutschland von einer flächendeckenden Umsetzung noch weit entfernt [2].

2017 – Zehn Jahre Deutsches Reanimationsregister

Zehn Jahre nach dem offiziellen Start des Deutschen Reanimationsregisters – German Resuscitation Registry der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) im Mai 2007 wurden in der Datenbank mehr als 110.000 Datensätze von außerklinisch und innerklinisch reanimierten Patientinnen und Patienten sowie Todesfeststellungen und Notfallversorgungen in der Klinik erfasst.
Damit stellt das Deutsche Reanimationsregister die größte überregionale Datenbank für die Erhebung, Auswertung und Beurteilung von Reanimationsmaßnahmen sowie innerklinischen Notfallversorgungen im deutschsprachigen Raum, so Priv.-Doz. Dr. med. Jan-Thorsten Gräsner, Institut für Rettungs- und Notfallmedizin, UKSH in Kiel (beteiligte Autoren: A. Bohn, S. Brenner, M. Fischer, J.-T. Gräsner, T. Jantzen, E. Marten, M. Messelken, S. Seewald, J. Wnent) [1].

2018 – Bad Boller Reanimationsgespräche

Die 5. Bad Boller Reanimationsgespräche hatten wieder zum Thema: Von 10 Thesen für 10.000 Leben zur Umsetzung.
Die Autoren J. Wnent (1), B. Jakisch (1), G. Geldner (2), T. Koch (3), B. Zwißler (3), M. P. Müller (4), B. W. Böttiger (4) und J.-T. Gräsner (2) repräsentieren das Deutsche Reanimationsregister der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) e.V. (1), den Berufsverband Deutscher Anästhesisten (BDA) e.V. (2), die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) e.V. (3) und den Deutschen Rat für Wiederbelebung – German Resuscitation Council (GRC) (4).
Mit den 10 Thesen für 10.000 Leben als Ergebnis der 1. Bad Boller Reanimationsgespräche aus dem Jahr 2014 wird das Ziel, 10.000 Leben nach einem außerklinischen Herz-Kreislauf-Stillstand mehr zu retten, verfolgt.

Von den 10 Thesen werden hier besonders erwähnt [3]:

  1. Nur was wir messen, können wir verbessern: Alle Teilschritte der Wiederbelebung müssen einem umfassenden Qualitätsmanagement unterliegen.
  2. Ohne Daten kein messbarer Fortschritt: Jede Wiederbelebung muss im Deutschen Reanimationsregister vollständig erfasst werden.
  3. Die spezialisierte Krankenhausbehandlung nach erfolgreicher Wiederbelebung ist überlebenswichtig: Diese Patienten müssen in spezialisierten Krankenhäusern (Cardiac Arrest Center) behandelt werden.

2018 – Veranstaltung in der Uniklinik Mainz am 12.06.2018 „Senioren müssen Reanimation lernen“

Zitat [Allgemeine Zeitung Mainz]
Aus der Diskussion:
Und diese Herz-Druck-Massage hilft zu überleben?
Ja, über eine Stunde und die ersten zehn Minuten sogar ohne Beatmung.

Zitat [6]: Prüfen – Rufen – Drücken: Wenn Sie in Mund-zu-Mund-Beatmung ausgebildet sind, wenden Sie dieses Verfahren zusätzlich zur Herzdruckmassage im Verhältnis 30 Herzdruckmassagen zu 2 Beatmungen an. Wenn nicht, konzentrieren Sie sich auf die Herzdruckmassage. Damit ist schon viel gewonnen!

Zitat [7]: Dagegen kommt der Beatmung bei Erwachsenen im Rahmen der Ersten Hilfe nur eine untergeordnete Bedeutung bei.

Das Problem – top secret

Eine Veröffentlichung der anonymisierten Daten aus dem Deutschen Reanimationsregister (DRR) findet – aus Sicht des Autors – praktisch nicht statt.

Erstmals wurde 2015 versucht, mehr Daten – anonymisierte Mittelwerte des DRR – zu erhalten, was damals über diverse Anfragen nicht gelungen ist: Herr Priv.Doz. Dr. med. J.-T. Gräsner hat nicht geantwortet, Frau S. Jakobi hat „die Kopie/Scan eines Presseausweises“ verlangt und Frau Prof. Dr. med. T. Jantzen hat die Zahlen aus 2014 (s.u.) als falsch eingestuft.
Ein erneuter Versuch bei Herrn Prof. Dr. med. J.-T. Gräsner Mitte Juni 2018, anonymisierte Mittelwerte mit Maxima und Minima zu erhalten, führte wieder ins Leere.

Die Gefahr

Die engagierten Bemühungen, die Kenntnisse über die Reanimation in der Öffentlichkeit zu verbreiten, erscheinen in 2018 akut gefährdet, wenn die Ergebnisse der zugehörigen Erfolgs-Daten des Reanimationsregisters nicht publiziert werden: Die Motivation von Schülern, Senioren, Ersthelfern und Ärzten wird über kurz oder lang versiegen, ebenso die mögliche (?) finanzielle, außeruniversitäre Förderung.

Appell an Herrn Prof. Dr. med. J.-T. Gräsner — im Detail

  • Veröffentlichen Sie die in der Tabelle mit rot gekennzeichneten Fragezeichen!

Erläuterungen
* Spontankreislauf (Return of spontaneous circulation).
( ) Die in Klammern angegebenen Werte zeigen das jeweilige Minimum und Maximum an, allerdings in der Rubrik „Weiterversorgung“.
Ab Spalte 24 h - Überleben beziehen sich die Prozentangaben auf die Zahlen bei Aufnahme im Krankenhaus, nicht auf die neuen Zahlen „Weiterversorgung“, hier werden neue 100 %-Werte „kreiert“, die um 57 % (2013) bzw. 70 % (2014) niedriger liegen: Auf diese Weise werden deutlich höhere Prozentzahlen bei der Ergebnisqualität „entwickelt“, so vermutlich auch hier **.

Zitate [3]:

Nur was wir messen, können wir verbessern: Alle Teilschritte der Wiederbelebung müssen einem umfassenden Qualitätsmanagement unterliegen.
Ohne Daten kein messbarer Fortschritt:
Jede Wiederbelebung muss im Deutschen Reanimationsregister vollständig erfasst werden.

  • Kommentieren Sie die in der Tabelle mit rot gekennzeichneten Zahlen-Beispiele!

Wie ist es möglich, dass mehr Patienten 30 Tage überleben als lebend aus dem KH entlassen wurden; warum hat die Zahl der Rettungsdienste 2017 so deutlich abgenommen ebenso die Zahl der Patienten 2016; wie sehen die Prozentzahlen in der Tabelle ab 4. Zeile aus, wenn diese auf die Eingangszahlen und nicht auf die Weiterversorgten (neu 100 %) bezogen werden?

  • Veröffentlichen Sie die in der Tabelle angegebenen Maxima und Minima!

Zitate [3]:

Die spezialisierte Krankenhausbehandlung nach erfolgreicher Wiederbelebung ist überlebenswichtig: Diese Patienten müssen in spezialisierten Krankenhäusern (Cardiac Arrest Center) behandelt werden.

Daher ist eine Auswertung der anonymisierten Mittelwerte mit Maxima und Minima besonders wichtig, um anhand der Krankenhausstruktur beurteilen zu können, welche Krankenhaus-Größe bzw. -Struktur (Cardiac Arrest Center) besonders vorteilhaft für  Patienten ist.

  • Kommentieren Sie den in der Tabelle angegebenen bedenklichen Abfall zwischen Aufnahme im Krankenhaus und Entlassung lebend!

Zitat [1]:

… wurde zunächst der Reanimationsdatensatz „Erstversorgung“ entwickelt und später um die Datensätze „Weiterversorgung“ und „Langzeitverlauf“ ergänzt. Im weiteren Verlauf ist das Register um einen Datensatz „innerklinische Notfallversorgung“ vervollständigt worden.

Wenn im Jahre 2017  insgesamt 14.314 außerklinische Reanimationen erfasst wurden [5], dann wäre es höchste Zeit, diese Auswertung mit dem Datensatz „innerklinische Notfallversorgung“ zu bearbeiten.

  • Veröffentlichen Sie endlich die hier fehlenden Daten, damit wir einen Vergleich mit anderen Ländern Europas vornehmen können!

Zitate [3]:

Die Quote der lebend aus den Kliniken entlassenen Patienten lag im Jahr 2016 in Deutschland bei 12 %.

Warum wird hier in 2018 die alte Zahl aus 2016 genannt, ist die Zahl aus 2017 [5] noch schlechter, weshalb sie nicht veröffentlicht wird?

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern liegt Deutschland mit dieser Überlebensrate nach einer präklinischen Reanimation im hinteren Drittel. Hingegen werden in Ländern wie z.B. den Niederlanden oder der Schweiz deutlich über 20 % erreicht.

  • Veröffentlichen Sie die hier fehlenden Daten spätestens bis zur Woche der Wiederbelebung vom 17. bis 23.09.2018!

Zitate [3, 6]:

Mit den 10 Thesen für 10.000 Leben als Ergebnis der 1. Bad Boller Reanimationsgespräche aus dem Jahr 2014 wird das Ziel, 10.000 Leben nach einem außerklinischen Herz-Kreislauf-Stillstand mehr zu retten, verfolgt [3].

Dieser hohe Anspruch „10 bis 20 %“ [6] sollte entweder modifiziert oder fallengelassen werden:

Auf 100.000 Einwohner kommen jedes Jahr rund 50 - 80 Fälle eines Herzstillstands, die im Reanimationsregister aufgenommen werden: Das sind rund 40.000 - 64.000 Menschen pro Jahr. Etwa 10 - 20 Prozent der Patienten können wieder aus der Klinik entlassen werden. Einen entscheidenden Vorteil stellt hierbei das optimale Ineinandergreifen der gesamten Rettungskette dar. Die sogenannte Laienreanimation durch nicht professionelle Helfer, stellt dabei das erste Glied dieser Rettungskette dar. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass durch eine optimale Laienreanimation die Überlebensrate bei Reanimationen verdoppelt bis verdreifacht werden kann.

Literatur

  1. 10 Jahre Deutsches Reanimationsregister – Anfänge, Entwicklungen und Zukunftswünsche anlässlich eines Jubiläums
    Anästh Intensivmed 2017; 58: 227-230
  2. Süss-Havemann C, Beck S, Doehn C, Kubitz J
    Initiale Umsetzung der Empfehlung der Kultusministerkonferenz zur Reanimationsausbildung von SchülerInnen – Eine bundesweite Bestandsaufnahme
    Anästh Intensivmed 2018; 59: 240-248
  3. Wnent J, Jakisch B; Geldner G, Koch T, Zwißler B, Müller MP, Böttiger BW, Gräsner J-T
    5. Bad Boller Reanimationsgespräche: Von 10 Thesen für 10.000 Leben zur Umsetzung
    Anästh Intensivmed 2018; 59: 277-280
  4. Gräsner J-T, Wnent J, Seewald S, Brenner S, Jantzen T,  Fischer M, Jakisch B,  Bohn A und die teilnehmenden Rettungsdienste im Deutschen Reanimationsregister
    Jahresbericht Außerklinische Reanimation 2016 des Deutschen Reanimationsregisters
    Anästh Intensivmed 2017; 58: 365-366
  5. Wnent J, Gräsner J-T, Seewald S, Brenner S, Jantzen T,  Fischer M, Jakisch B,  Bohn A
    Jahresbericht Außerklinische Reanimation 2017 des DeutscheReanimationsregisters und die teilnehmenden Rettungsdienste im Deutschen Reanimationsregister
    Anästh Intensivmed 2018; 59: 355-357
  6. Ein Leben Retten – BDA – DGAI (eingesehen am 25.06.2018)
  7. GRC German Resuscitation Council
    Weißbuch Reanimationsversorgung
    Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2015

Fußnote

Am Tag der Veröffentlichung (29.06.2018) in Physioklin wurde Herrn Prof. Dr. med. J.-T. Gräsner durch R. Zander angeboten, Antworten, Kritik, Kommentare o.ä. an dieser Stelle – nach Absprache – veröffentlichen zu lassen.
Dieses Angebot  wurde am 08.07.2018 ausgedehnt auf Frau Prof. Dr. T. Rosolski-Jantzen (Parchim) sowie die Herren Priv.-Doz. Dr. med. A. Bohn (Münster), Dr. med. J. Wnent (Kiel) und Prof. Dr. med. M. Fischer (Göppingen).
Dieses Angebot wurde erneut am 14.09.2018 ausgedehnt auf Herrn Dr. med. Stephan Seewald (Kiel), Frau Dr. med. Sigrid Brenner (Dresden), Frau Barbara Jakisch M. Sc. (Kiel).