Bei geschätzten 8 Mio. Intubations-Narkosen pro Jahr in Deutschland ist die Zahl der hypoxischen Zwischenfälle, unter der Narkose-Vorbereitung oder zu Beginn bzw. im Verlauf der Narkose, doch immer noch relativ hoch, wie man an den Gerichtsverfahren unter Beteiligung von Gutachtern aus der Anästhesiologie ersehen kann.
Streitpunkt ist fast immer die Frage, ob der akut hypoxische Patient vor der Relaxierung bzw. Intubation optimal prä-oxygeniert wurde oder nicht.
Zur Quantifizierung dieses Problems werden hier Daten zusammengestellt, die eine weitgehende Vorhersage gestatten, zu welchem Zeitpunkt nach Eintritt der Apnoe mit welcher arteriellen O2-Sättigung zu rechnen ist, die heute üblicherweise mit einem Pulsoxymeter gemessen wird. Diese Abschätzung bezieht den O2-Pool des Blutes mit ein und ist daher etwas präziser als die bereits publizierte [Zander 2005].
Folgende Werte werden zu dieser Quantifizierung eingesetzt:
Da als Messwert unter klinischen Bedingungen nur die O2-Sättigung des Pulsoxymeters zur Verfügung steht, die aber während der Zeit der Hyperoxie (die ersten 11 min) nur konstant angenähert 100 % anzeigen kann, muss der Verlauf über die Abnahme des pAO2 in der Alveole und dann später über den paO2 im arteriellen Blut berechnet werden.
Dabei werden folgende Stationen durchlaufen:
Erfolgt die Prä-Oxygenierung nur unvollständig, z. B. wird nicht der optimale pAO2 von 650 sondern nur einer von 325 mmHg erreicht, verkürzt sich die Zeit der Hyperoxie von 10 auf 5 min und der erste Sättigungsabfall erfolgt bereits 6,5 min nach Beginn der Apnoe.
Prinzipiell zur Sicherheit, aber auch aus didaktischen Gründen während der Ausbildung, kann empfohlen werden, den Erfolg der Prä-Oxygenierung zu messen und zu dokumentieren.
Dazu muss unter der Prä-Oxygenierung mit einem modernen Kapnometer die endexspiratorische O2-Konzentration (oder -Partialdruck) gemessen werden.
Erfolgreich wäre die Prä-Oxygenierung schon dann, wenn mindestens ein endexspiratorischer Wert von 500 mmHg petO2 bzw. ca. 65 % FetO2 gemessen wird, also etwa 75 % des maximal möglichen Wertes.
Diese Abschätzung gilt für einen lungengesunden Erwachsenen. Für Säuglinge, Kleinkinder und Schwangere gelten ungünstigere Bedingungen, die eine möglichst optimale Prä-Oxygenierung erst recht erfordern [Zander 2005]. Gerade für die Pädiatrie bleibt zu hoffen, dass sich diese Erkenntnisse flächendeckend durchsetzen, was leider immer noch bagatellisierend ignoriert wird [Kretz 2006].
Zander R
Physiologie und klinischer Nutzen einer Hyperoxie
Anästhesiol Intensivmed Nofallmed Schmerther 2005: 40: 616 – 623
Kretz KJ
Respiratorische Notfälle im Kindesalter: Antwort auf einen Leserbrief
Anästhesiol Intensivmed Nofallmed Schmerther 2006; 7-8: 441