Die folgenden Zitate entstammen der Süddeutschen Zeitung vom 07.12.2016:
Die Hoffnung, dass bei Organtransplantationen in Deutschland jetzt alles mit rechten Dingen zugeht, hat sich nicht bewahrheitet. Dies wurde während der Vorstellung des Tätigkeitsberichts der Prüfungs- und Überwachungskommission (PÜK) in Berlin deutlich, konkret für die aktuelle Prüfperiode von 2013 bis 2015.
Die Kommission von Bundesärztekammer, Deutscher Krankenhausgesellschaft und GKV-Spitzenverband überprüft regelmäßig alle deutschen Transplantationszentren. Und dabei hat sie auch für die jüngere Vergangenheit Unregelmäßigkeiten gefunden.
In dieser Zeit haben dem PÜK-Bericht zufolge Ärzte am Universitätsklinikum Jena Patienten auf dem Papier kränker gemacht als sie in Wirklichkeit waren. Elf der 21 Patienten, die zwischen 2013 und 2015 in Jena eine Spenderlunge erhielten, wurden demnach "bewusst und gewollt" bevorzugt. Dadurch wurden andere Kranke auf der Warteliste benachteiligt. Manche mögen darüber verstorben sein.
Laut Bericht war der dargestellte Zustand der Jenaer Lungenpatienten furchterregend, das Verhalten der Ärzte aber furchtbar: Manche Lungenkranke konnten nach Aktenlage in sechs Minuten keine 46 Meter mehr gehen. Das brachte ihnen zahlreiche Punkte auf der Warteliste ein. Doch die Ärzte hatten die Lungenkranken die Teststrecke laufen lassen, ohne ihnen Sauerstoff zu verabreichen. Damit sorgten sie nicht nur für das desaströse Testergebnis, das die Patienten übertrieben krank erscheinen ließ; sie gefährdeten auch noch deren Leben, meinen die Prüfer.
Dabei fällt das Uniklinikum Jena bereits zum wiederholten Mal auf. Auch in der alten Prüfungsperiode hatte es dort Manipulationen gegeben – bei Herzen und Lungen. Als die Vorwürfe 2015 bekannt wurden, trennte sich das Klinikum von den beiden verantwortlichen Oberärzten. Ein Grund für deren Handeln sei wohl gewesen, "den sehr schwer erkrankten Patienten helfen zu wollen", sagte Jens Maschmann, Medizinischer Vorstand in Jena. Allerdings seien die Manipulationen damit nicht zu rechtfertigen.
Trotz dieses neuen Rückschlags für das Image der Transplantationsmedizin zogen die Prüfer in Berlin ein positives Fazit: Der "ganz überwiegende Teil" der Zentren habe "richtlinienkonform und korrekt gearbeitet", sagte die Vorsitzende der Prüfungskommission, Anne-Gret Rinder. 31 Transplantationsprogramme seien bisher für die Jahre 2013 bis 2015 überprüft worden. Unter diesen sei nur Jena durch systematische Manipulationen aufgefallen. Und die Verstöße dort hätten im Sommer 2014 ein Ende gefunden. Daher geht Rinder davon aus, dass in Jena "in Zukunft korrekt gearbeitet" werde. Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob sie Ermittlungen einleitet.
Kritiker fühlen sich durch diese Meldung bestätigt: "Seit Jahren versichern uns die Verantwortlichen, dass es Manipulationen nur bis zum Skandal gegeben habe", sagte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. "Der neue Prüfbericht zeigt aber, dass es immer noch keine Sicherheit gibt." Es gebe bis heute Ärzte, "die die Regeln dreist ignorieren."