(Ausgabe 04/2014)
Die Tatsache, dass der pH einer Blut- oder Plasma-Probe den Gerinnungsstatus beeinflusst, wird weiterhin von der Fachwelt ignoriert: Im Vergleich zu pH = 7,40 (100 %) beträgt die Gerinnungsaktivität bei pH = 7,20 nur noch ca. 50 % und bei pH = 7,60 immerhin fast 200 % [1].
Daraus ist zu folgern, dass die Gerinnungs-Diagnostik, je nach Verfahren, mit größeren oder kleineren Fehler behaftet ist, wenn der prä- oder intraanalytische pH variiert wird.
Nachdem bereits die präanalytischen pH-Werte von Citratlösungen im Forum 2 sowie eine mögliche Standardisierung des pH im Forum 3 bearbeitet wurden, sollen nun an dieser Stelle die intraanalytischen pH-Werte von plasmatischen Gerinnungstests besprochen werden.
Untersucht wurden Reagenzien zur Bestimmung der Prothrombinzeit (PT, TPZ, INR, Quick), der partiellen Prothrombinzeit (PTT, aPTT) und der Fibrinogen-Konzentration der Firmen Instrumentation Laboratory (Kirchheim), Stago (Düsseldorf) und Siemens Healthcare (Eschborn).
Betrachtet werden einerseits Normalblut mit einem Plasma-pH von pH = 7,34 – also venöses Blut (pCO2 = 45 - 50 mmHg), das mit reiner („ungepufferten“) Na3Citrat-Lösung (1 : 10) verdünnt, der pH also nicht schon mit Citronensäure/Citrat verschoben wurde.
Andererseits wird Azidose-Blut mit einem BE von -15 mmol/l und pH = 7,15 untersucht, ebenso „ungepuffert“ vorbehandelt.
In der ersten Untersuchungsreihe wurde wie folgt vorgegangen:
In der zweiten Untersuchungsreihe wurde wie folgt vorgegangen:
Frischblut aus der Cubitalvene wurde mit isotoner (106 mmol/l) Na3Citrat-Lösung (1 : 10) entnommen und die Werte für pH und pCO2 zur Kontrolle mit einem GEM 3000 (IL) gemessen (pH = 7,38 bei pCO2 = 40 mmHg, cHCO3 = 23,2 mmol/l). Alle Messungen mit dem GEM 3000 erfolgten im Ansaugmodus („venös“).
Die weiteren Versuche wurden mit dem Serum des gleichen Spenders vorgenommen. Dazu wurde das Blut anstelle von Na3Citrat jetzt 1 : 10 mit 0,9 % NaCl verdünnt, die anschließende Gerinnung abgewartet und danach zentrifugiert. Der für das Serum gemessene pH betrug 7,565 bei einem pCO2 von nur noch 31,5 mmHg (CO2-Verlust mit pH-Anstieg).
In einem Doppelversuch wurde das azidotische Serum mit einem volumetrischen Zusatz von 1 M HCl auf einen Ziel-BE von -12 mmol/l gebracht (pH = 7,15 bei pCO2 = 40 mmHg und cHb = 0 g/dl), dies entspricht einem azidotischen Blut mit einem BE von -15 mmol/l beim Plasma-pH von pH = 7,15 und pCO2 von 40 mmHg (im Folgenden wird das Serum immer als Plasma bezeichnet). Nach Zusatz von HCl lag der resultierende pH <7,0 (Geräteanzeige) bei pCO2 = 147 bzw. 96 mmHg. Mit vorsichtigem Schütteln an der Luft wurde der pCO2 zur „Normalisierung“ schrittweise auf 47 bzw. 40 mmHg gesenkt und damit der pH auf pH = 7,12 bzw. 7,18 angehoben. Der BE betrug dann erwartungsgemäß -12,0 bzw. -11,7 mmol/l.
Die anschließende Verdünnung Plasma : Reagenz beträgt immer 1 : 3, Ausnahme ist nur das Pathrombin SL (Siemens) mit 1 : 2. Bei zwei Verfahren zur PTT (IL und Stago) wird zusätzlich 0,025 M CaCl2-Lösung zugesetzt, ohne dass sich die Verdünnung 1 : 3 ändert.
Bei der Fibrinogen-Bestimmung hingegen beträgt die Verdünnung (nach Hersteller-Empfehlung) 1 : 30, weil das Plasma vor der Reagenzienzugabe (mit 0,9 % NaCl) 1 : 20 vorverdünnt wird und dann die eigentliche Verdünnung 2 : 1 beträgt. Ausnahme ist hier nur das HemosIL Fibrinogen-C (IL), hier beträgt die Verdünnung nur 1 : 15, weil die Vorverdünnung (mit 0,9 % NaCl) nur 1 : 10 beträgt.
Die Plasma-Reagenz-Mischungen erfolgen in Eppendorf Safe-Lock-Gefäßen (1,5 ml), zum Mischen werden die Gefäße nur geschwenkt, um einen CO2-Verlust (pH-Anstieg) zu vermeiden.
Alle Ergebnisse sind in der Tabelle wiedergegeben, in der Abbildung das Verhalten des pH im Plasma-Reagenz-Gemisch als Funktion des Reagenz-pH.
Offensichtlich dominiert der Reagenz-pH den pH des Plasma-Reagenz-Gemisches. Die diagnostisch erwünschten Unterschiede zwischen Normal- (o) und Azidose-Plasma (□) werden in Einzelfällen bei der PTT (Stago: STA-C.K.Prest) und beim Fibrinogen (Stago: STA-Fibrinogen 5) praktisch aufgehoben, während sie in anderen Fällen bei der PT deutlich erhalten bleiben (IL: HemosIL Recombiplastin), und dies sogar in der Nähe des physiologischen pH-Wertes (IL: APTT HemosIL APTT-SP).
Meng, ZH, Wolberg AS, Monroe DM, Hoffmann M
The effect of temperature and pH on the activity of factor VIIa: Implications for the efficacy of high-dose factor VIIa in hypothermic and acidotic patients
J Trauma 2003; 55: 886 – 891
Die Firma Instrumentation Laboratory (Kirchheim) hat freundlicherweise das Gerät GEM 3000 zur Verfügung gestellt.